Praxissemsester mit weltweitem Horizont

Von heimatlosen Straßenkindern und dem Premierminister von Buganda

Wer längere Zeit im Ausland verbringt kommt manchmal in den Genuss von ganz besonderen Privilegien. So erging es auch Linda Uhlig und Tamara Walz, wie sie uns kürzlich berichteten. Die IHL-Studentinnen absolvieren seit Anfang 2019 im Rahmen ihres Studiums der Theologie und Sozialen Arbeit im interkulturellen Kontext ein Praxissemester in Kampala, der Hauptstadt Ugandas. 

Auf den Straßen Kampalas

Nicht umsonst wird Uganda oft als die „Perle Afrikas“ bezeichnet, denn neben der wunderschönen Natur des Landes macht es vor allem die ugandische Gastfreundschaft den Besuchern sehr leicht, sich wohlzufühlen. Wer durch die Hauptstadt Kampala spaziert, wird aber leider nicht nur moderne Gebäude, Straßenverkäufer und Verkehrschaos wahrnehmen, sondern auch viele Straßenkinder, die sich gerne an die Rockzipfel der weißen Touristen hängen und um Geld oder Essen betteln. 

Es gibt zahlreiche Hilfsorganisationen, die sich um das Wohl dieser Kinder in Uganda kümmern. Eine davon ist Dwelling Places, bei der Linda und Tamara momentan ihr Praxissemester absolvieren. Dwelling Places nimmt Straßenkinder auf, kümmert sich um ihr physisches und seelisches Wohlbefinden und versucht, die Kinder wieder zurück zu ihren Familien zu bringen. Meistens sind die Kinder nämlich keine Waisen, sondern haben noch Eltern oder andere Verwandte. 

Natürlich wissen alle Ugander, dass sich auf den Straßen Kampalas viele Kinder tummeln. Dass aber die meisten gar nicht aus der Hauptstadt kommen, sondern aus einem entlegenen Gebiet im Nordosten des Landes, wissen nur die wenigsten. Viele Kinder legen die über 400 Kilometer lange Strecke von Karamoja nach Kampala zu Fuß zurück, in der Hoffnung, dass das Leben in der Hauptstadt besser sei, als in der trockenen Heimat. 

Der Premierminister von Buganda 

Dwelling Places ist mit vielen anderen Organisationen und Behörden in Uganda vernetzt und versucht, das Problem der Straßenkinder auch immer wieder ins Bewusstsein der Politik zu rufen. Aus diesem Grund stand vor kurzem ein ganz besonderer Termin für die Hilfsorganisation im Kalender: Ein Treffen mit dem Premierminister des Königreiches Buganda.

In Uganda gibt es zahlreiche Stämme. Einen der größten bildet die Volksgruppe der Baganda, welche einen eigenen König und ein eigenes Parlament hat. Diese „traditionelle Regierung“ arbeitet eng mit der Regierung des gesamten Landes zusammen, bildet aber auch eine wichtige alleinstehende Einheit, die sehr viel Einfluss auf die Bevölkerung hat. 

Diesem wichtigen Treffen mit dem Premierminister von Buganda durften sich auch die beiden IHL-Studentinnen anschließen, von dem sie im folgenden Abschnitt berichten.

Linda und Tamara zu Gast beim Katikiro 

„Wer zu einem Treffen mit dem Premierminister von Buganda geladen ist, sollte sich entsprechend kleiden. So wurden auch wir von unseren Kollegen in das traditionelle ,Gomesi‘ gehüllt – ein langes Kleid mit spitzen Schultern und einer langen Schärpe. Männer tragen traditionell ein sogennantes ,Kanzu‘ – ein langes Gewand mit einem Jacket darüber. In diesem Outfit fuhren wir also zu dem Treffen.

Nachdem die Delegation des Katikiro, wie der Premierminister auch genannt wird, auf der einen und die Vertreter von Dwelling Places auf der anderen Seite des langen Tisches Platz genommen hatten, betrat der Katikiro den Raum. Alle erhoben sich und das Treffen wurde feierlich mit der Hymne von Buganda eröffnet. 

Nachdem verschiedene Abgesandte der beiden Delegationen mehrere Reden gehalten hatten, sagte auch der Katikiro seine Unterstützung in einer Rede zu und betonte dabei die Wichtigkeit, den Straßenkindern eine gute Zukunft zu ermöglichen. Schließlich wurde noch ein „Memorandum of Understanding“ (Vereinbarung zur Zusammenarbeit) in einem feierlichen Akt unterzeichnet. Im Anschluss an den offiziellen Teil wurden draußen noch viele Fotos geschossen. Auch das Fernsehen war während des Treffens anwesend, sodass wir sogar für einige Sekunden bei „Bukette TV“ zu sehen waren.“

Gute Aussichten für die Straßenkinder Kampalas

In Zukunft wird Dwelling Places vom Königreich Buganda dabei unterstützt, Straßenkindern zu helfen, damit diese ein sicheres Leben bei ihren Familien führen und Schulen besuchen können. Dadurch sollen die Straßen von Kampala wieder frei von bettelnden Kindern werden, damit Besucher das Land und die Hauptstadt noch mehr genießen und bewundern können. 

Die Ehre, den eigenen Premierminister persönlich zu treffen und ihm die Hand schütteln zu können, kommt den meisten Baganda nicht zuteil. Linda Uhlig und Tamara Walz fuhren nach diesem Treffen wieder nach Hause – zwei Weiße in bunten „Gomesis“ – in dem Wissen, etwas ganz Besonderes erlebt zu haben.